Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit – was Arbeitgeber beachten müssen

Im vergangenen und in diesem Jahr mussten und müssen zahlreiche Unternehmen aufgrund der Corona-Pandemie und deren Auswirkungen auf ihre Belegschaften Kurzarbeit einführen. Inzwischen läuft die Konjunktur zwar langsam wieder an. Trotzdem wird wohl auch ein Großteil des Jahres 2021 von Einschränkungen gekennzeichnet sein – und entsprechend werden viele Unternehmen weiterhin zumindest teilweise auf Kurzarbeit zurückgreifen müssen.

Bei Anordnung von Kurzarbeit kann die Anzahl der Arbeitstage reduziert, oder die Arbeitszeit an einzelnen Tagen verkürzt werden. Von Kurzarbeit „Null“ spricht man, wenn an bestimmten Tagen gar keine Arbeitspflicht besteht. In dem Fall stellt sich für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Frage, ob und wie sich die Kurzarbeit auf den Urlaubsanspruch der Belegschaft und die Höhe des Urlaubsentgelts auswirkt.

Die aktuelle Rechtsprechung

Im März 2021 hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschieden, dass der Urlaubsanspruch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Kurzarbeit anteilig gekürzt werden darf. Solange die Arbeitspflicht aufgehoben ist, sei eine Kürzung von 1/12 für jeden vollen Monat zulässig. Damit hat das LAG Düsseldorf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahre 2012 bestätigt. Nach dem sind Kurzarbeitende als „vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer“ anzusehen. Denn: In Zeiten von Kurzarbeit seien die gegenseitigen Leistungspflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern nach Maßgabe der Arbeitszeitverkürzung ausgesetzt. Also könne auch der Urlaubsanspruch entsprechend gekürzt werden. Abschließend geklärt ist diese Frage im deutschen Recht aber damit nicht. Eine endgültige Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts steht noch aus. Wird gekürzt, ist es deshalb ratsam, im Betrieb Rückstellungen zu bilden. So können mögliche später aufkommende Forderungen der Arbeitnehmerseite beglichen werden.

Höhe und Berechnung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit

Der Urlaubsanspruch entsteht grundsätzlich zu Beginn des Kalenderjahrs. Die Höhe des Anspruchs hängt wiederum von der Anzahl der Tage ab, an denen eine Arbeitspflicht besteht. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt bei einer Arbeitswoche von sechs Werktagen 24 Tage im Jahr. Besteht die Arbeitspflicht an weniger als sechs Werktagen, wird die Zahl der Urlaubstage entsprechend reduziert. – Ausnahmen gelten nur bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und in Zeiten des Mutterschutzes. Deshalb dürfen Arbeitgeber den Urlaub auch bei Kurzarbeit „Null“ anteilig kürzen.

Wurde im Rahmen der Kurzarbeitsvereinbarung keine anderweitige Regelung getroffen, verringert sich der Urlaubsanspruch im gleichen Verhältnis, wie die weggefallenen zu den verbliebenen Arbeitstagen. ABER: Dies gilt nur dann, wenn die Arbeitspflicht an einem Tag vollständig entfällt. Reduziert sich durch Kurzarbeit lediglich die tägliche Arbeitszeit, die Anzahl der Arbeitstage selbst jedoch bleibt gleich, dann besteht auch der Urlaubsanspruch unverändert fort.

Beispiel und wichtige Einschränkung

Wird etwa umgerechnet ein ganzer Monat Null-Kurzarbeit angeordnet, reduziert sich der Urlaubsanspruch des laufenden Kalenderjahres um 1/12. Bei 30 Urlaubstagen wären dies 2,5 Tage. Hat der Arbeitgeber auf Grundlage des Arbeitsvertrags oder eines Tarifvertrags mehr Urlaub versprochen als gesetzlich geschuldet, gelten die gleichen Regeln. Es sein denn, es wurde zuvor eine abweichende Vereinbarung getroffen wurde.

Zu beachten: Wurde dem Arbeitnehmer der vereinbarte Jahresurlaub bereits bewilligt oder sogar gewährt, kann der Urlaubsanspruch nicht mehr einseitig vom Arbeitgeber verringert werden.

Die Höhe des Urlaubsentgelts

Berechnungsgrundlage für das Entgelt während des Urlaubs ist das vereinbarte Arbeitsentgelt der letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn. Durch Kurzarbeit eingetretene Kürzungen bleiben dabei gemäß Bundesurlaubsgesetz außer Betracht. Ein Arbeitnehmer erhält somit während des Urlaubs die gleiche Vergütung, die er in Zeiten ohne Kurzarbeit erhalten würde.

Die Belegschaft informieren?

In der Regel ist aus arbeitsrechtlicher Sicht keine gesonderte Information an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezüglich des reduzierten Urlaubsanspruchs erforderlich.

Soll aber sichergestellt werden, dass der Urlaub zum Ende des laufenden oder bis 31. März des Folgejahres verfällt, ist eine Mitteilung notwendig. Denn zu einem rechtsgültigen Verfall von Urlaubsansprüchen kommt es nur dann, wenn Betroffene transparent und förmlich über die aktuellen Ansprüche und deren Verjährung informiert wurden. Sie müssen zudem aufgefordert werden, ihren Urlaub rechtzeitig zu nehmen. Mit dem Hinweis auf die Urlaubsreduzierung durch Kurzarbeit kann der Arbeitgeber daher zugleich auch diese Informationspflicht erfüllen.

 Aufgrund mehrerer Phasen von Kurzarbeit im Jahr, kann sich die Höhe des Urlaubsanspruchs mehrmals ändern. Daher empfiehlt es sich, den Arbeitnehmer entweder bei der Anordnung von Kurzarbeit oder unmittelbar im Anschluss an eine Kurzarbeitsphase mit gesonderter Mitteilung über die Auswirkungen auf den Urlaubsanspruch zu unterrichten.

Anwendung in der Praxis

Auch wenn Kurzarbeit, theoretisch zu einer Reduzierung des Urlaubs führen kann – eine Pflicht zur Kürzung existiert nicht. In der Praxis gibt es selten Einschnitte bei der Gewährung des Urlaubs, noch weniger in der aktuellen Pandemie-Situation. Viele betroffene Mitarbeitende sehen sich und ihre Familien aktuell ohnehin vor Herausforderungen und persönlichen Einschränkungen. Deshalb verzichten zahlreiche Arbeitgeber aus Rücksichtnahme darauf, in dieser Situation noch zusätzlich eine Kürzung des Urlaubs vorzunehmen.

Bei Gewährung von Urlaub trotz Kurzarbeit in mehreren Jahren hintereinander kann allerdings auch eine sogenannte „betriebliche Übung“ werden. Dann liegt es nicht mehr im Ermessen des Arbeitgebers, sondern die Belegschaft hat einen legitimen Anspruch auf die Nicht-Kürzung des Urlaubs. Soll dies vermieden werden, ist explizit zu erklären, dass nur aufgrund der besonderen Situation, ausnahmsweise die Urlaubsverringerung nicht umgesetzt wird.

Sie haben Fragen zum Thema Kurzarbeit, dann wenden Sie sich gern an unsere Expertinnen aus dem Bereich „Lohn“.

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