Neue Entscheidungen zur Organschaft in der Umsatzsteuer

Kürzlich hatte der Bundesfinanzhof zwei Entscheidungen zur Organschaft veröffentlicht. Sie betreffen einerseits die finanzielle Eingliederung einer Organgesellschaft in einen Organträger. Zum anderen geht es um ein Ersuchen an den Europäischen Gerichtshof bezüglich der Besteuerung von Innenumsätzen.

Von einer Organschaft wird steuerrechtlich gesprochen, wenn zwei oder mehr unabhängige Unternehmen steuerrechtlich zu einer Einheit zusammengefasst werden. Dabei werden Organgesellschaften – in der Regel Kapitalgesellschaften wie eine GmbH – in das Unternehmen eines Organträgers wirtschaftlich, finanziell und organisatorisch eingebunden. Die finanzielle Eingliederung einer Organgesellschaft bedeutete bis dato, dass der Organträger mittel- oder unmittelbar mit mehr als 50 Prozent an ihr beteiligt sein musste. Denn für die sogenannte „Willensdurchsetzung“ benötigt er die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft. An diesem Grundsatz wird weiter festgehalten. Aber: Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18.01.2023 liegt die finanzielle Eingliederung auch dann vor, wenn der Gesellschafter zwar nur über 50 Prozent der Stimmrechte verfügt, seine nötige Willensdurchsetzung in der Organgesellschaft aber zudem anderweitig gesichert ist. Nämlich dadurch, dass er eine Mehrheitsbeteiligung am Kapital der Organgesellschaft hält und ihr einziger Geschäftsführer ist.

Könnten Innenumsätze bald besteuert werden?

Bei einer weiteren Entscheidung des Gerichtes vom 26.01.2023 handelt es sich um ein Ersuchen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dieser soll klären, ob die Innenumsätze einer Organschaft besteuert werden müssen – was hierzulande bisher nicht der Fall ist. Laut dem Umsatzsteuergesetz wird davon ausgegangen, dass die Innenumsätze nicht steuerbar sind, weil Organgesellschaften als unselbständige Teile in einem übergeordneten Unternehmen angesehen werden. Die bisherige Rechtsprechung des EuGH allerdings sieht Organgesellschaften als selbständig an – die Eingliederung in eine Organschaft dürfe nicht zu Steuerverlusten führen.

Steuergestaltungsmittel auf der Kippe?

Wenn der Europäische Gerichtshof entscheiden sollte, dass Innenumsätze versteuert werden müssen, hätte das vor allem für Unternehmen folgen, die nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind. Dazu zählen neben Wohnungsvermietern etwa auch Banken, Sozialdienstleister oder Gesundheitsunternehmen. In diesen Bereichen werden Organschaft und Innenumsätze bisher häufig als Steuergestaltungsinstrumente genutzt. Mit diesen lassen sich Vorsteuerbeträge vermeiden, die ansonsten nicht abziehbar wären.

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