JENS RICHTER – GEWINNREALISIERUNGEN BEI ABSCHLAGSZAHLUNGEN FÜR WERKLEISTUNGEN

Gewinnrealisierungen bei Abschlagszahlungen für Werkleistungen

Durch die aktuelle BFH-Rechtsprechung sowie aufgrund eines BMF-Schreibens vom 29.06.2015 wurde die ertragssteuerliche Auswirkung von Abschlagsrechnungen neu behandelt. Das Ministerium schloss sich weitestgehend der Meinung des BFH an. In der Hauptsache wurde entschieden, dass eine Gewinnrealisierung bei Planungsleistungen von Ingenieuren und Architekten, die auf Grundlage der HOAI abrechnen, nicht erst bei der Abnahme des Werkes oder bei Stellung der Honorarschlussrechnung eintritt, sondern bereits beim Entstehen des Anspruches auf eine Abschlagszahlung. Dabei ist weder der Zahlungseingang noch das Rechnungsdatum der Abschlagsrechnung relevant.
Nach dem o.g. BMF-Schreiben ist dies jedoch nicht nur bei o.g. Freiberuflern, sondern auch bei allen anderen Werkverträgen nach § 632a BGB anzuwenden. Sämtliche Anzahlungen, deren Grundlage auf Werkverträgen beruhen (z.B. regelmäßig auch bei Handwerks- und Bauunternehmen), fallen nunmehr unter diese Regelung.

Steuerliche Folgen

Umsatzsteuerlich ergeben sich keine Änderungen. Ertragsteuerlich ist jedoch kein Gewinnabschlag mehr aus der Bewertung von unfertigen Leistungen  vorzunehmen. Dies kann somit bei erstmaliger Anwendung der Neuregelung zu einer erheblichen Steuerbelastung führen, weil alle zum Bilanzstichtag bisher aktivierten Anzahlungen herangezogen werden müssen.

Beispiel: Waren bisher Anzahlungen von 500.000 € bilanziert und wurden bei der Bewertung der unfertigen Leistungen 10% Gewinnanteil abgezogen (500.000 € abzgl. 50.000 € = 450.000 €), würde dies nunmehr zu einer sofortigen Nachversteuerung von 50.000 € führen.

Übergangs- und Härtefallregelung

Die neuen steuerlichen Bilanzierungsgrundsätze müssen lt. BMF aus Vereinfachungsgründen spätestens für Wirtschaftsjahre angewendet werden, die nach dem 23.12.2014 beginnen, also in der Regel für Jahresabschlüsse ab 2015.Um Härten zu vermeiden, hat die Finanzverwaltung zudem die Möglichkeit geschaffen, den sich ergebenden Übergangsgewinn auf das erstmalige Jahr der Anwendung sowie ein oder zwei Folgejahre gleichmäßig zu verteilen. Dies ist regelmäßig zu empfehlen, um eine übermäßige Sofortbesteuerung zu vermeiden.

Bilanzielle Folgen

Das neue BMF-Schreiben führt nach herrschender Meinung zu einer unterschiedlichen Behandlung im Handels- und im Steuerrecht, was zu voneinander abweichenden Bilanzen führt. Nach HGB gilt nach wie vor das Realisationsprinzip für den Ausweis von unfertigen Arbeiten. Das heißt, es sind nur die bisher entstandenen Aufwendungen als Herstellungskosten gewinnerhöhend zu aktivieren. Die Berücksichtigung eines Gewinnanteils ist bei dieser Bilanzposition handelsrechtlich verboten. Die bis zur Abnahme vereinnahmten Zahlungen sind weiterhin als erhaltene Anzahlungen zu passivieren.

Hinweise
Die Abschlagszahlungen sind unbedingt von Forderungen auf einen Vorschuss abzugrenzen, bei denen nach wie vor keine Gewinnrealisierung eintritt. Des Weiteren sind Unternehmen nicht betroffen, die nur zur Abgabe einer Einnahme-Überschuss-rechnung verpflichtet sind. Es betrifft also nur bilanzierende Unternehmen. Es bleibt außerdem abzuwarten, ob im Nachgang doch noch Erleichterungen für sonstige Werkunternehmer, die nicht nach HOAI abrechnen, getroffen werden.

Bitte sprechen Sie uns bei Fragen oder Unklarheiten an.

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