UV-GOÄ: SO RECHNEN SIE ARBEITSUNFÄLLE RICHTIG AB!

von Dr. Dr. med. Peter Schlüter, Reilingen, www.vita-lco.de

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des IWW Instituts, Nordkirchen (http://www.iww.de/gesundheitsberufe

Viele Hausarztpraxen vernachlässigen die UV-GOÄ, d. h. die Abrechnung von Arbeits-, Kindergarten-, Schul- oder Wegeunfällen, im Praxisalltag leider viel zu oft. Sie überschätzen den bürokratischen Aufwand im Rahmen eines Arbeitsunfalls und versuchen, diesen zu umgehen. Dabei honorieren die Unfallversicherungsträger (UV-Träger) Leistungen, die Sie infolge eines Arbeitsunfalls erbringen, ohne Mengenbegrenzung und ohne KV-Kürzung. Daher sollten Sie sich dieses Honorar unbedingt sichern. Wie Sie dabei richtig vorgehen, zeigt der folgende Beitrag. |

Rechtsgrundlage: Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger

Grundlage für die Versorgung von Unfallpatienten ist der Vertrag Ärzte/UV-Träger (online unter http://tinyurl.com/gldqevk). Dieser regelt die Heilbehandlung, die die UV-Träger leisten müssen. Er umfasst auch die Vergütung der Ärzte, die Abrechnung der ärztlichen Leistungen gegenüber den UV-Trägern, die Pflicht der Ärzte zur Dokumentation, zur Mitteilung von Patientendaten und zu sonstigen Aus­künften gegenüber den UV-Trägern sowie das für die Vertrags­parteien maßgebliche Schiedsverfahren für den Fall einer Nichteinigung. Nach § 4 Abs. 1 sind an den Vertrag alle Ärzte gebunden, die an der ­vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen oder von den UV-Trägern beteiligt sind.

Versorgung eines Patienten nach Arbeitsunfall

Je nach Schwere des Arbeitsunfalls fallen die Versorgung des Patienten und damit auch die Dokumentation und die Abrechnung unterschiedlich aus ­(siehe auch Grafik am Ende des Beitrags):

Klären Sie bei jeder Verletzung genau ab, ob es sich um einen Arbeitsunfall bzw. Schul- oder Kindergartenunfall handeln könnte (siehe Folgebeiträge in PPA 04/2016 und PPA 05/2016).

Wenn es sich um einen Arbeitsunfall handelt, legen Sie einen sogenannten „BG-Schein“ in Ihrer Computer-Software an. Die Gesundheitskarte ­können Sie zwar zur Aufnahme der Personalien einlesen, aber Sie dürfen keinen KV-Schein anlegen und natürlich auch keine Versichertenpauschale oder Grundpauschale berechnen. Das gilt natürlich nur so lange, wie es zu ­keiner kurativen Inanspruchnahme durch den Patienten kommt.

Im einfachsten Fall, d. h., wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht über den ­Unfalltag hinaus andauert, ist keine Überweisung zu einem Durchgangsarzt (D-Arzt) notwendig. Sie rufen das Formular F1050 in Ihrem PC auf, das Sie für die Unfallmeldung benötigen. Dieses füllen Sie komplett direkt im PC aus. Damit haben Sie automatisch eine komplette Dokumentation des Unfallhergangs und der weiteren Maßnahmen. Eine weitere Doku­mentation ist nicht notwendig.

In bestimmten Fällen muss Ihr Chef den Patienten zu einem D-Arzt überweisen. Der D-Arzt ist oft ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und hat von den Berufsgenossenschaften eine besondere Zulassung für die Behandlung von Arbeits- und Wegeunfällen. Eine Überweisung zum D-Arzt ist dann notwendig, wenn

  • die Arbeitsunfähigkeit über den Unfalltag hinaus besteht,
  • die Behandlung länger als eine Woche dauert,
  • Heilmittel verordnet werden müssen und/oder
  • die Verletzung zur Wiedererkrankung führen kann.

Praxishinweis: Bei einer Überweisung zum D-Arzt müssen Sie keinen ­Unfallbericht erstellen. Ihr Chef muss aber die medizinisch notwendige Erst­versorgung durchführen und den Patienten dann weiterleiten. Die Überweisung zum D-Arzt nehmen Sie auf dem Überweisungsvordruck F2900 vor. Bei isolierten ­Augen- oder HNO-Verletzungen wird der Patient mit diesem Formular an die entsprechenden Fach­ärzte überwiesen.

Abrechnungsbeispiel: Patient mit einer Fingerquetschung (Das folgende Beispiel zeigt, wie Sie eine Verletzung zulasten des zuständigen UV-Trägers behandeln und abrechnen.)

Arbeitsunfall – diese Leistungen fallen an:
Ein Patient stellt sich mit einer Quetschung des rechten Zeigefingers in Ihrer Praxis vor. Er erklärt, er habe sich den Finger bei der Arbeit in einer Tür eingeklemmt. Bei der Untersuchung stellt der Arzt ein Hämatom und eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung ohne offene Wunde fest. Er legt einen abschwellenden Verband an, macht eine Unfallmeldung und stellt für den Unfalltag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. Diese Leistungen kann er wie folgt abrechnen:
UV-GOÄ-Nr.LeistungEuro
1Beratung und symptombezogene Untersuchung7,51
200Verband1,19
143AU-Bescheinigung2,74
125Unfallmeldung7,50
Summe18,94

Erfordert die Verletzung eine Überweisung zum D-Arzt (z. B., weil sich bei der Untersuchung eine Fraktur herausstellt), fallen folgende Gebührenpositionen an:

UV-GOÄ-Nr.LeistungEuro
1Beratung und symptombezogene Untersuchung7,51
200Verband1,19
145Überweisung3,49
Summe12,19

Beachten Sie: Eine Abrechnung zulasten der GKV im hausärztlichen Versorgungsbereich hätte bei einem Patienten, bei dem Sie schon die Versichertenpauschale in dem Quartal abgerechnet haben, null Euro Umsatz gebracht!

0 Comments

Leave a Reply

You must be logged in to post a comment.