Droht der Transportbranche die Uberisierung?

Die „Uberisierung“ ergreift die Transport- und Logistikbranche lautet das Resümee des Oliver Wyman-Reports „Transport & Logistics“. „Uberisierung“ steht für die Digitalisierung, die in Form einer Innovationswelle alle Akteure der Branche erfassen wird, gleich ob Bahn, Post, Spedition, Fluglinie oder Touristikanbieter. Uber stellt derzeit eine digitale Plattform zur Verfügung, über die sich Fahrgast und Fahrer ohne vermittelnde Taxizentrale direkt miteinander vernetzen können. Die rasch fortschreitende Digitalisierung wird in der Transportbranche dafür sorgen, dass neue Wettbewerber mit einem ähnlich interaktiven Geschäftsmodell auch Alteingesessenen gefährlich werden können. Zugleich haben aber auch lange am Markt tätige Unternehmen Vorteile: Prozesse und Kundenschnittstellen können verbessert und die Marktanteile verteidigt werden. In der Speditionsbranche werden sogenannte „Smart-Trucking-Apps“ eine simple Kooperation zwischen Frachtgut und freien Transport-Kapazitäten ermöglichen, ohne dass ein Vermittler dazwischen steht. Niedrigere operative Kosten und höhere Erträge aufgrund geringerer Provisionszahlungen für Vermittler, sind dabei die Vorteile für die Transporteure.

Automatisierung ist nicht aufzuhalten
Im Vergleich zur Beförderung von Passagieren ist die von Gütern meist jedoch viel komplexer. Damit lässt sich der Personentransport einfacher digitalisieren und auch automatisieren als der Gütertransport. Das zitierte Beispiel „Uber“ funktioniert vor allem in Ballungszentren: Eine hohe Bevölkerungsdichte garantiert die gute Nachfrage. Fraglich ist, ob dieses Prinzip auch in der Speditionsbranche gelingen kann. Die Aussage des Reports ist aber ganz klar: Wer als Transportunternehmen nicht mit der „Uberisierung“ mithält, wird über kurz oder lang ersetzt. In der Lkw-Industrie zeichnet sich ein Trend bereits deutlich ab: Das autonome Fahren. Die aktuelle Studie der McKinsey & Company mit dem Titel „Delivering Change“ kommt zu dem Schluss, dass jedes dritte verkaufte Nutzfahrzeug 2025 in Europa in bestimmten Situationen vollautonom fahren kann. Dabei geht es vor allem um die Ruhezeiten: Kann der Lkw Teile der Strecke, zum Beispiel auf der Autobahn, selbstständig fahren, müsste der Fahrer die Ruhezeiten nicht in dem Maß einhalten, wie es heute noch der Fall ist. Damit lassen sich die Lieferkosten erheblich senken – aktuell machen die Gehaltskosten des Fahrers zwischen 30 und 40 Prozent der Gesamtkosten beim Betrieb eines Fahrzeuges aus.
Werden Mitarbeiter zukünftig durch Apps ersetzt?
Sollte sich autonomes Fahren zum Standard entwickeln, werden Taxi- und Lkw-Fahrer überflüssig. Auch Postboten könnten ihre Jobs verlieren, wenn sich Briefe und Pakete zukünftig mit Robotern oder Drohnen ausliefern lassen. Die Welt zitiert in ihrem Artikel vom 11. Januar dieses Jahres Forscher, die in der Digitalisierung eine Gefahr für Arbeitsstellen sehen. Bislang sind durch den technischen Fortschritt meist neue Arbeitsplätze entstanden, doch das ändert sich eventuell. Apps könnten zukünftig klassische Tätigkeiten tatsächlich überflüssig machen. Experten verwenden hier den Begriff „Dematerialisierung“: Wenn ein Schlüssel zum Beispiel durch eine App auf dem Smartphone ersetzt wird, entfällt die Produktion des Schlüssels und damit natürlich auch die Herstellung der Maschinen, die den Schlüssel produzieren. Wenn es die Maschinen nicht mehr gibt, müssen auch keine Ersatzteile gefertigt werden und man braucht für den Transport des Schlüssels keine Logistik. Eine nicht enden wollende Kette von Konsequenzen also, die sich hinter der zunehmenden Digitalisierung verbirgt. Aktuell sind das Vermutungen, denn auch das papierlose Büro ist mit der Massentauglichkeit von Computern nie Wirklichkeit geworden. In einigen Jahren wird sich zeigen, was davon tatsächlich Realität wurde und welche Chancen für die Branche mit der Digitalisierung und Automatisierung verknüpft waren.

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